Mönchspfeffer – wirklich ein Wundermittel für alle Zyklusprobleme?
- sruhnau1
- 23. Nov.
- 4 Min. Lesezeit
Der Ruf von Mönchspfeffer ist beeindruckend: PMS? Mönchspfeffer. Unregelmäßige Zyklen? Mönchspfeffer. Kinderwunsch? Natürlich Mönchspfeffer. Die Pflanze scheint fast schon ein Synonym für „natürlich regulierende Frauenkraft“. Viele Frauen probieren ihn deshalb fast reflexartig aus – oft ohne zu wissen, ob er überhaupt zu ihrem Zyklus passt. Und genau das ist der Punkt: Mönchspfeffer kann viel, aber nur, wenn die Ursache deiner Beschwerden zu seiner Wirkweise passt. Sonst bleibt er wirkungslos oder verstärkt das Problem sogar.

Was Mönchspfeffer eigentlich ist – und warum man ihn seit Jahrhunderten nutzt
Vitex agnus-castus, der Mönchspfeffer, wächst im Mittelmeerraum und wurde schon in der Antike als Frauenheilpflanze geschätzt. Die Früchte riechen aromatisch, schmecken leicht pfeffrig und wurden im Mittelalter sogar in Klöstern genutzt – angeblich, um die Libido zu dämpfen. Ob das funktioniert, ist wissenschaftlich nicht eindeutig. Sicher ist aber: Die Pflanze wirkt auf das hormonelle Regelzentrum im Gehirn und beeinflusst Prozesse, die für einen gesunden Zyklus wichtig sind (1).
Wie Mönchspfeffer im Körper wirkt – und warum das so entscheidend ist
Um zu verstehen, wann Mönchspfeffer sinnvoll ist, lohnt ein kurzer Blick ins Hormonsystem: Hypothalamus und Hypophyse steuern die hormonelle Kommunikation zwischen Gehirn und Eierstöcken – also alles, was für einen regelmäßigen Zyklus und einen stabilen Eisprung wichtig ist. Genau dort setzt Mönchspfeffer an.
Er kann die Ausschüttung des Hormons Prolaktin senken, das eigentlich für die Milchbildung zuständig ist, aber auch bei nicht stillenden Frauen erhöht sein kann (1, 2). Ein hoher Prolaktinwert stört die feine Kommunikation zwischen Gehirn und Eierstöcken: Er kann den Eisprung verzögern, die zweite Zyklusphase verkürzen, Progesteron niedrig halten und PMS-Symptome verstärken (3, 4).
Wichtig ist allerdings: Mönchspfeffer bildet kein Progesteron und ersetzt auch keines – er unterstützt nur den natürlichen Zyklus, wenn die Störung durch erhöhtes Prolaktin entstanden ist. Liegt die Ursache woanders, hat das Kraut kaum bis keinen Effekt.
Wann Mönchspfeffer wirklich helfen kann
Viele Frauen erleben eine deutliche Erleichterung bei PMS, besonders wenn Brustspannen oder Stimmungsschwankungen im Vordergrund stehen (4–7). Der Effekt baut sich über mehrere Zyklen hinweg auf – nicht von heute auf morgen.
Auch bei einer verkürzten Lutealphase, die durch erhöhtes Prolaktin verursacht wurde, kann Mönchspfeffer die zweite Zyklushälfte stabilisieren und die Chancen in der Kinderwunschzeit verbessern (3). Genau in solchen Fällen wird er klassischerweise eingesetzt – allerdings häufig mit Erwartungen, die über seine Wirkung hinausgehen.
Entscheidend bleibt: Nur wenn Prolaktin zu hoch ist oder die Hypophyse aus dem Takt geraten ist, macht Mönchspfeffer einen Unterschied.
Wann Mönchspfeffer nicht hilft – und manchmal sogar hinderlich ist
PCOS
Bei PCOS ist ein genauer Blick besonders wichtig. Die meisten Frauen mit PCOS haben kein erhöhtes Prolaktin, sondern ein im Verhältnis zu FSH (Follikelstimulierendes Hormon) erhöhtes LH (Luteinisierendes Hormon). Da Mönchspfeffer über die Hypophyse auch die LH-Ausschüttung beeinflussen kann, besteht das Risiko, dass er dieses Ungleichgewicht noch verstärkt. Viele Betroffene reagieren daher gar nicht oder sogar ungünstig darauf (8). Ohne vorherige Labordiagnostik ist er deshalb nicht zu empfehlen.
Hier ist die Ursache ein heruntergeregelter Hypothalamus – durch Stress, Untergewicht oder Übertraining. Mönchspfeffer wirkt an dieser Stelle nicht, weil das Problem nicht in der Hypophyse liegt.
Stillzeit
Während der Stillzeit kann Mönchspfeffer die Milchmenge reduzieren, weil er Prolaktin senkt (9).
Kinderwunschbehandlungen
Bei medizinischen Kinderwunschbehandlungen (Eisprungauslösung, Stimulationsprotokoll oder IVF) wird häufig dazu geraten, auf pflanzliche Hormonmodulatoren wie Mönchspfeffer zu verzichten, weil sie die geplanten Hormonverläufe beeinflussen können (8).
Ein Blick in die Praxis: Dosierung, Dauer und Qualität
In wissenschaftlichen Studien werden standardisierte Trockenextrakte verwendet – meist 20–40 mg Extrakt pro Tag (je nach Standardisierung), was etwa 180 mg Fruchtäquivalent entspricht (1). Reine Beerenpulverkapseln entsprechen daher nicht den Präparaten, die in Studien getestet wurden.
Die Wirkung zeigt sich frühestens nach 8–12 Wochen, manchmal erst nach drei vollständigen Zyklen. Bleibt der Effekt aus, ist Mönchspfeffer sehr wahrscheinlich nicht das richtige Werkzeug für dich.
Warum deine Zyklusgesundheit mehr braucht als ein einzelnes Präparat
Auch wenn Mönchspfeffer manchmal fast als „natürliche Pille gegen PMS“ vermarktet wird: Er löst nicht die eigentliche Ursache von Zyklusproblemen.
PMS, Brustspannen oder Zyklusschmerzen entstehen sehr häufig aus einer Kombination aus
Stress
Schlafmangel
einem überlasteten Nervensystem
Ernährungsmustern
Darmgesundheit
Schilddrüse
Nährstoffmängeln
Mönchspfeffer kann regulierend wirken – aber er ersetzt nicht, was dein Körper wirklich braucht, um hormonell stabil zu sein.
Fazit: Kein Wundermittel – aber ein wichtiger Baustein, wenn er passt
Mönchspfeffer ist weder ein Allheilmittel noch reine Pflanzenmagie. Er ist ein gezielt wirksames Werkzeug, das in bestimmten hormonellen Konstellationen echte Entlastung bringen kann – vor allem bei PMS, Brustspannen, erhöhter Prolaktinproduktion und verkürzter Lutealphase.
Und genauso wichtig: Er ist nicht für jede Form von Zyklusbeschwerden geeignet.
Wenn du herausfinden möchtest, ob er zu dir passt, lohnt sich ein Blick auf deine Symptome, deinen Alltag – und idealerweise auch deine Laborwerte. Denn gute Zyklusgesundheit entsteht dort, wo Ursachen verstanden und nicht nur Symptome überdeckt werden.
Praktische Orientierung: Was du beachten solltest
Um Mönchspfeffer sinnvoll einzusetzen, helfen ein paar Daumenregeln:
Do’s: | Don’ts: |
Bei PMS mit Brustspannen, Reizbarkeit oder Stimmungsschwankungen ausprobieren – besonders wenn ein erhöhter Prolaktinspiegel vermutet wird. | Nicht bei PCOS ohne vorherige Labordiagnostik – Mönchspfeffer kann LH ungünstig beeinflussen. |
Geduld haben: Wirkung zeigt sich oft erst nach 8–12 Wochen oder 3 Zyklen. | Nicht bei hypothalamischer Amenorrhö einsetzen, da hier der Hypothalamus sowie ein Energiemangel das Problem ist. |
Bei Unsicherheit Hormonwerte prüfen lassen (Prolaktin, LH, FSH …). | Nicht bei hypothalamischer Amenorrhö einsetzen, da hier ein Energiemangel und eine gestörte Signalweitergabe im Hypothalamus die Ursache sind. |
Nicht während der Stillzeit, weil Prolaktin gesenkt wird und die Milchmenge sinken könnte. | |
Nicht eigenmächtig während hormoneller Kinderwunschbehandlungen (z. B. IVF) einnehmen, da die Hormonverläufe beeinflusst werden können. |
Quellen:
European Medicines Agency. (2018). European Union herbal monograph on Vitex agnus-castus
Puglia L.T. et al. (2023). Vitex agnus castus effects on hyperprolactinaemia. Front Endocrinol. 14:1269781. PMID: 38075075.
Milewicz A. et al. (1993). Vitex agnus castus extract in the treatment of luteal phase defects due to latent hyperprolactinemia. Results of a randomized placebo-controlled double-blind study. Arzneimittelforschung. 43(7):752-6. PMID: 8369008.
Van Die, M.D. et al. (2013). Vitex agnus-castus extracts for female reproductive disorders. Planta Med. 79(7):562-75. PMID: 23136064.
Schellenberg, R. (2001). Treatment for the premenstrual syndrome with agnus castus fruit extract: prospective, randomised, placebo controlled study. BMJ. 322(7279):134-7. PMID: 11159568.
Csupor D. et al. (2019). Vitex agnus-castus in premenstrual syndrome: A meta-analysis of double-blind randomized controlled trials. Complement Ther Med. 47:102190. PMID: 31780016.
Verkaik, S. et al. (2017). The treatment of premenstrual syndrome with preparations of Vitex agnus castus: a systematic review and meta-analysis. Am J Obstet Gynecol. 217(2):150-166. PMID: 28237870.
Briden, L. (2019). Period Repair Manual: Natural Treatment for Better Hormones and Better Periods. 2nd Edition.
Bionorica SE. (2023). Fachinformation Agnucaston Filmtabletten. https://www.fachinfo.de/fi/pdf/002716?utm_source=chatgpt.com




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